Sonntag, 15. Januar 2012

Rede von Kennedy - 27 April 1961

„The President and the Press: Adress Before the American Newspaper Publishers Association, April 27, 1961“

Diese sehr interessante Rede, wenn nicht die wichtigste, von Kennedy, vor den wichtigsten Verlegern der USA, wurde bisher so gut wie nirgendswo abgedruckt. Obwohl er diese Rede vor der Presse gehalten hat. Da fragt man sich doch warum das so ist. Lest euch die Rede in Ruhe durch, und entscheidet dann selber, warum ihr davon nichts gehört habt.

Das scheint ein großes Stück Geschichte gewesen zu sein. Und auch dieses Stück wird wiedermal unter den Tisch gekehrt. Ich habe noch nie einen Präsident, so öffentlich darüber reden gehört, die Öffentlichkeit zu informieren, oder auch ebenso von einer großen Verschwörung erzählend.

Hier abgedruckt ist ein Großteil der Rede. Zum Vergleich habe ich auch das Original Gegenstück abgebildet. Die originale komplettrede findet ihr unter [jfklibary.org]. Hier der Link zur [original Rede]. Ihr könnt sie euch dort durchlesen oder auch anhören.


" Ich möchte über unsere gemeinsame Verantwortung im Angesicht einer Gefahr reden, die uns alle betrifft. Die Ereignisse der letzten Wochen haben vielleicht geholfen, diese Herausforderung für einige zu erhellen (to illuminate); aber die Dimensionen der Bedrohung zu reduzieren oder mit ihr zu leben-, es gibt kein Entkommen vor ihr, weder vor der Schwere noch der Totalität ihrer Herausforderung für unser Überleben und unsere Sicherheit – es ist eine Herausforderung, die uns auf außergewöhnliche Weise in jeglicher Sphäre menschlicher Aktivitäten konfrontiert.

Diese tödliche Herausforderung stellt an unsere Gesellschaft zwei Anforderungen, die den Präsidenten und die Presse direkt betreffen – zwei Ansprüche, die fast widersprüchlich zu sein scheinen, die aber in Einklag gebracht und denen wir gerecht werden müssen, damit wir dieser nationalen und großen Gefahr begegnen können. Ich spreche zuerst über die Notwendigkeit weit grö0erer öffentlicher Information; und zweitens über die Notwendigkeit weit größerer amtlicher Geheimhaltung.

Allein das Wort Geheinhaltung ist in einer freien und offenen Gesellschaft unannehmbar; und als Volk sind wir von Natur aus und historisch Gegner von Geheimgesellschaften, geheimen Eiden und geheimen Beratungen.

Wir entschieden schon vor langer Zeit, dass die Gefahren exzessiver, ungerechtfertigter Geheimhaltung sachdienlicher Fakten die Gefahren bei Weitem überwiegen, mit denen die Geheimhaltung gerechtfertigt wird. Selbst heute hat es wenig Wert, den Gefahren, die von einer abgeschotteten Gesellschaft ausgehen, zu begegnen, indem man die gleichen willkürlichen Beschränkungen nachahmt.

Selbst heute hat es kaum Wert, das Überleben unserer Nation sicherzustellen, wenn unsere Traditionen nicht mir ihr überleben. Und es gibt die schwerwiegende Gefahr, dass ein verkündetes Bedürfnis nach erhöhter Sicherheit von den Ängstlichen dazu benutzt wird, seine Bedeutung auf die Grenzen amtlicher Zensur und Geheimhaltung auszuweiten.

Ich beabsichtige nicht, dies zu erlauben, soweit es in meiner Macht steht, und kein Beamter meiner Regierung, ob sein Rang hoch oder niedrig sei, zivil oder militärisch, sollte meine Worte von heute Abend als Entschuldigung dafür interpretieren, die Nachrichten zu zensieren, Widerspruch zu unterdrücken, unsere Fehler zu vertuschen, oder von der Presse oder der Öffentlichkeit Fakten fern zu halten, die sie zu wissen begehren. Aber ich bitte jeden Herausgeber, jeden Chefredakteur und jeden Nachrichtenmann der Nation, seine Gepflogenheiten erneut zu untersuchen und die Natur der großen Bedrohung für unsere Nation wahrzunehmen.

In Zeiten des Krieges teilen Regierung und Presse für gewöhnlich das Bemühen, hauptsächlich auf Selbstdisziplin beruhend, nicht autorisierte Enthüllungen an den Feind zu vermeiden. In Zeiten von >deutlicher und präsenter Gefahr< haben selbst die Gerichte entschieden, dass sich sogar die privilegierten Rechte des ersten Verfassungszusatzes der nationalen Notwendigkeit öffentlicher Sicherheit unterordnen müssen. Heute ist jedoch kein Krieg erklärt worden – und wir heftig der Kampf auch sein mag; vielleicht wird er nie in traditioneller Weise erklärt werden. Unsere Lebensweise wird angegriffen. Jene, die sich selbst zu unseren Feinden gemacht haben, schreiten rund um den Globus voran. Das Überleben unserer Freunde ist in Gefahr. Dabei ist bisher ein Krieg erklärt worden, keine Grenze wurde von Truppen überschritten, kein Schuss ist gefallen.

Wenn die Presse auf eine Kriegserklärung wartet, bevor sie die Selbstdisziplin unter Kampfbedingungen annimmt, so kann ich nur sagen, dass kein Krieg jemals eine größere Gefahr für unsere Sicherheit darstellt. Wenn sie auf einen Beweis >deutlicher und präsenter Gefahr< warten, dann kann ich nur sagen, dass die Gefahr niemals deutlicher und ihre Präsenz niemals spürbarer war.

Es bedarf einer Änderung der Perspektive, einer Änderung der Taktik, einer Änderung der Mission – seitens der Regierung, seitens der Menschen, von jedem Geschäftsmann oder Gewerkschaftsführer und von jeder Zeitung.

Denn wir stehen rund um die Welt einer monolithischen und ruchlosen Verschwörung gegenüber, die sich vor allem auf verdeckte Mittel stützt, um ihre Einflusssphäre auszudehnen – auf Infiltration anstatt Invasion; auf Unterwanderung anstatt Wahlen; auf Einschüchterung anstatt freier Wahl; auf nächtliche Guerillaangriffe anstatt auf Armeen bei Tag.

Es ist ein System, das mit gewaltigen menschlichen und materiellen Ressourcen eine eng verbundene, komplexe und effiziente Maschinerie aufgebaut hat, die militärische, diplomatische, geheimdienstliche, wirtschaftliche, wissenschaftliche und politische Operationen kombiniert. Ihre Pläne werden nicht veröffentlicht, sondern verborgen ihre Fehlschläge werden begraben, nicht publiziert, Andersdenkende werden nicht gelobt, sondern zum Schweigen gebracht, keine Ausgabe wird infrage gestellt, kein Gerücht wird gedrückt, kein Geheimnis wird enthüllt. Sie dirigiert den >Kalten Krieg< mit einer, kurz gesagt, Kriegsdisziplin, die keine Demokratie jemals aufzubringen erhoffen oder wünschen könnte.

[…]

Kein Präsident sollte eine öffentliche Prüfung seines Programms fürchten. Denn aus so einer Prüfung kommt Verstehen und vom Verstehen kommt Unterstützung oder Opposition und beides ist notwendig. Ich bitte Ihre Zeitungen nicht, die Regierung zu unterstützen, aber ich bitte Sie um Ihre Mithilfe bei der enormen Aufgabe, das amerikanische Volk zu informieren und zu alarmieren, weil ich vollstes Vertrauen in die Reaktion und das Engagement unserer Bürger habe, wenn sich über alles uneingeschränkt informiert werden. Ich will die Kontroversen unter Ihren Lesern nicht nur nicht ersticken, ich begrüße sie sogar. Meine Regierung will auch ehrlich zu ihren Fehlern stehen, weil ein kluger Mann einst sagte, Irrtümer werden erst zu Fehlern, wenn man sich weigert, sie zu korrigieren.

Wir haben die Absicht, volle Verantwortung für unsere Fehler zu übernehmen, und wir erwarten von Ihnen, dass Sie uns darauf hinweisen, wenn wir das versäumen. Ohne Debatte, ohne Kritik kann keine Regierung und kein Land erfolgreich sein, und keine Republik kann überleben. Deshalb verfügte der athenische Gesetzgeber Solon, dass es ein Verbrechen für jeden Bürger sei, vor Meinungsverschiedenheiten zurückzuweichen, und genau deshalb wurde unsere Presse durch den ersten Verfassungszusatz geschützt. Die Presse ist nicht deshalb das einzige Geschäft, das durch die Verfassung spezifisch geschützt wird, um zu amüsieren und Leser zu gewinnen, nicht um dem Publikum immer das zu geben, was es gerade will, sondern um über Gefahren und Möglichkeiten zu informieren, um aufzurütteln und zu reflektieren, um unsere Krisen festzustellen und unsere Möglichkeiten aufzuzeigen, um zu führen, zu formen, zu bilden, und manchmal sogar die öffentliche Meinung herauszufordern. Das bedeutet mehr Berichte und Analysen von internationalen Ereignissen, denn das alles ist heute nicht mehr weit weg, sondern ganz in der Nähe und zu Hause. Das bedeutet mehr Aufmerksamkeit für besseres Verständnis der Nachrichten sowie verbesserte Berichterstattung, und es bedeutet schließlich, dass die Regierung auf allen Ebenen ihre Verpflichten erfüllen muss, Sie mit den bestmöglichen Informationen zu versorgen und dabei die Beschränkungen durch die nationale Sicherheit möglichst gering zu halten.

[…]

So ist es die Presse, die Protokollführerin der Taten des Menschen, die Bewahrerin seines Gewissens, die Botin seiner Nachrichten, in der wir Stärke und Beistand suchen, zuversichtlich, dass mit Ihrer Hilfe der Mensch das sein wird, wozu er geboren wurde: frei und unabhängig. "



 Original Text:
" I want to talk about our common responsibilities in the face of a common danger. The events of recent weeks may have helped to illuminate that challenge for some; but the dimensions of its threat have loomed large on the horizon for many years. Whatever our hopes may be for the future--for reducing this threat or living with it--there is no escaping either the gravity or the totality of its challenge to our survival and to our security--a challenge that confronts us in unaccustomed ways in every sphere of human activity.

This deadly challenge imposes upon our society two requirements of direct concern both to the press and to the President--two requirements that may seem almost contradictory in tone, but which must be reconciled and fulfilled if we are to meet this national peril. I refer, first, to the need for a far greater public information; and, second, to the need for far greater official secrecy.

The very word "secrecy" is repugnant in a free and open society; and we are as a people inherently and historically opposed to secret societies, to secret oaths and to secret proceedings. We decided long ago that the dangers of excessive and unwarranted concealment of pertinent facts far outweighed the dangers which are cited to justify it. Even today, there is little value in opposing the threat of a closed society by imitating its arbitrary restrictions. Even today, there is little value in insuring the survival of our nation if our traditions do not survive with it. And there is very grave danger that an announced need for increased security will be seized upon by those anxious to expand its meaning to the very limits of official censorship and concealment. That I do not intend to permit to the extent that it is in my control. And no official of my Administration, whether his rank is high or low, civilian or military, should interpret my words here tonight as an excuse to censor the news, to stifle dissent, to cover up our mistakes or to withhold from the press and the public the facts they deserve to know.

But I do ask every publisher, every editor, and every newsman in the nation to reexamine his own standards, and to recognize the nature of our country's peril. In time of war, the government and the press have customarily joined in an effort based largely on self-discipline, to prevent unauthorized disclosures to the enemy. In time of "clear and present danger," the courts have held that even the privileged rights of the First Amendment must yield to the public's need for national security.

Today no war has been declared--and however fierce the struggle may be, it may never be declared in the traditional fashion. Our way of life is under attack. Those who make themselves our enemy are advancing around the globe. The survival of our friends is in danger. And yet no war has been declared, no borders have been crossed by marching troops, no missiles have been fired.

If the press is awaiting a declaration of war before it imposes the self-discipline of combat conditions, then I can only say that no war ever posed a greater threat to our security. If you are awaiting a finding of "clear and present danger," then I can only say that the danger has never been more clear and its presence has never been more imminent.

It requires a change in outlook, a change in tactics, a change in missions--by the government, by the people, by every businessman or labor leader, and by every newspaper. For we are opposed around the world by a monolithic and ruthless conspiracy that relies primarily on covert means for expanding its sphere of influence--on infiltration instead of invasion, on subversion instead of elections, on intimidation instead of free choice, on guerrillas by night instead of armies by day. It is a system which has conscripted vast human and material resources into the building of a tightly knit, highly efficient machine that combines military, diplomatic, intelligence, economic, scientific and political operations.

Its preparations are concealed, not published. Its mistakes are buried, not headlined. Its dissenters are silenced, not praised. No expenditure is questioned, no rumor is printed, no secret is revealed. It conducts the Cold War, in short, with a war-time discipline no democracy would ever hope or wish to match.

[…]

No President should fear public scrutiny of his program. For from that scrutiny comes understanding; and from that understanding comes support or opposition. And both are necessary. I am not asking your newspapers to support the Administration, but I am asking your help in the tremendous task of informing and alerting the American people. For I have complete confidence in the response and dedication of our citizens whenever they are fully informed.

I not only could not stifle controversy among your readers--I welcome it. This Administration intends to be candid about its errors; for as a wise man once said: "An error does not become a mistake until you refuse to correct it." We intend to accept full responsibility for our errors; and we expect you to point them out when we miss them.

Without debate, without criticism, no Administration and no country can succeed--and no republic can survive. That is why the Athenian lawmaker Solon decreed it a crime for any citizen to shrink from controversy. And that is why our press was protected by the First Amendment-- the only business in America specifically protected by the Constitution- -not primarily to amuse and entertain, not to emphasize the trivial and the sentimental, not to simply "give the public what it wants"--but to inform, to arouse, to reflect, to state our dangers and our opportunities, to indicate our crises and our choices, to lead, mold, educate and sometimes even anger public opinion.

This means greater coverage and analysis of international news--for it is no longer far away and foreign but close at hand and local. It means greater attention to improved understanding of the news as well as improved transmission. And it means, finally, that government at all levels, must meet its obligation to provide you with the fullest possible information outside the narrowest limits of national security--and we intend to do it.
 
[…]

And so it is to the printing press--to the recorder of man's deeds, the keeper of his conscience, the courier of his news--that we look for strength and assistance, confident that with your help man will be what he was born to be: free and independent. "


 Bis denne ...

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